© phi@gress.ly (2015)
Das kleine Indianermädchen Zisch
wohnte umgeben von netten Nachbarn in
einem wunderbaren Dorf
nahe an einem schönen Bach, welcher den
heiligen Namen Alban trug.
Was gab es Schöneres, als an warmen Tagen die Füße im Bach baumeln
zu lassen und dem lustigen Gurgeln und Plätschern des Wassers zuzuhören.
Das kleine Mädchen
ging daher immer barfuß.
Meist war es jedoch allein unterwegs.
Einerseits wurde es wegen der schmutzigen Füße häufig ausgelacht und andererseits wollte es auch
lieber alleine sein als mit den anderen Kindern zu spielen, denn
diese rannten den ganzen Tag einem Ball nach.
So ging es oft mutterseelenallein hinauf, dem Alban entlang, zu
den nahen
Felsen. Dort konnte man in Ruhe dem Bächlein lauschen aber auch tolle
Staumauern aufbauen.
Ein wenig weiter oben gab es einige Stellen, wo man den Bach sogar ins andere Tal hätte umleiten können.
Doch das war für das Mädchen dann doch zu schwer und auch wäre wohl
der Alban ganz ausgetrocknet; aber das Dorf lebte vom heiligen Wasser
des Bächleins und ebenso von seinen Fischen darin.
An einem heißen Sommertag traf es dort oben am Bach auf einen alten
seltsamen Wanderer, der ihm eine kleine Feder als Talisman gab und ihm
ein altes Vogelnest bei den Felsen zeigte.
«Wenn Du so hoch hinauf gelangen kannst, wie diese Vögel, dann kannst Du den Himmel spüren
und wahre Wunder vollbringen», sagte der Mann.
Das Nest war ganz weit oben und Zisch kletterte und kletterte und
kletterte.
Aber oben angekommen, fand es das Nest leer vor — alle Vögel waren ausgeflogen.
Von dieser Höhe konnte man jedoch das ganze Flüsschen überblicken.
Zu oberst am Fluss entdeckte es einen kleinen See.
Dieser See entstand, weil sich Zweige, dicke Äste und Laub in einer
schmalen Felsspalte festgesetzt hatten.
Etwas weiter unten waren Zischs Staumauern zu entdecken. Noch weiter
unten kam eine Wiese und zuhinterst konnte man sogar das Indianerdorf
erkennen.
Zisch nahm ein Bad im kühlen Wasser.
Am späten Nachmittag steckte sich Zisch die
kleine Feder des Wanderers ins Haar und ging fröhlich zurück ins Dorf.
Doch niemand beachtete die kleine Veränderung bei dem Indianermädchen.
Das machte Zisch etwas traurig und auch noch einsamer als bisher, und
es behielt die neue Entdeckung des Vogelnestes und des Sees ganz für
sich alleine.
Dieses Nest, oder genauer ein Felsvorsprung daneben, wurde das neue
Versteck von Zisch.
Im Nest fand es auch schöne große Federn und die gefundenen Federn
legte es in eine kleine verborgene Felsspalte.
Eine dieser Federn war besonders schön und lang. Diese Feder
wurde sein persönlicher Schatz und sie blieb immer im Geheimversteck.
Jeden Abend saßen die Dorfbewohner ums Feuer
und lauschten den Geschichten des Häuptlings Graues Haar.
Heute erzählte er die Geschichte von den großen Vögeln, welche vor Unwetter warnen sollten.
Alle saßen dazu im Kreis und danach machte die Medizinfrau ihren Medizintanz,
bei welchem dann auch alle mittanzten.
Nur Zisch war am Überlegen und wollte nicht tanzen. Es fragte den
Häuptling weiter nach den Vögeln aus.
Der Häuptling sah, dass das Mädchen interessiert war und
erzählte ihr, dass es schon zweimal vorgekommen sei, dass riesige Vögel
von diesen Felsen her kamen und kurz danach gab es jeweils eine große
Überschwemmung im Dorf. Zisch dachte nach.
In den nächsten Tagen war Zisch wieder auf ihrem Felsen und
beobachtete den See ganz genau.
Das Wasser war klar und der See ruhig. Plötzlich hörte Zisch das
Kreischen von Vögeln. Diese riesigen Tiere wollten in ihr Nest vom Vorjahr
zurückkehren. Das Mädchen ging etwas zur Seite sodass die Vögel wieder
ihr Nest beziehen konnten.
Es dauerte lange, bis sich die Vögel an Zisch und das Mädchen sich an
die Vögel gewöhnt hatten. Doch mit der Zeit wurden die Tiere zutraulich.
Äste und andere Materialien zum Nestbau holten sich die Vögel unten beim Damm des Sees.
Und bald darauf, eines schönen Morgens war es soweit:
Die Vogelmutter
legte ein Ei.
Zisch beobachtete die Sache in jedem Detail.
Je mehr Äste die Vögel nahmen, umso brüchiger wurde der Damm des Sees.
Auf einmal rannte Zisch so schnell es ging ins Dorf und wollte Hilfe holen.
«Der Damm bricht! Der Damm bricht», rief es so laut es konnte!
Doch die Anderen lachten nur,
denn die Meisten waren mit dem Zeltbau
für den bevorstehenden Herbst beschäftigt und wollten nicht gestört werden.
Und überhaupt. Welcher Damm sollte schon brechen?
Da ging Zisch zu Graues Haar und erzählte die ganze Geschichte.
Der weise Häuptling reagierte blitzschnell. Alle mussten helfen,
den Bach unterhalb des Damms umzuleiten, damit das Dorf nicht
überschwemmt würde, falls der Damm bricht. Dazu schichteten sie Steine
zu einer Mauer auf und dort, wo das
Wasser noch zwischen den Steinen hindurchfloss, wurden Zeltblachen
darübergelegt.
Das war sehr hektisch.
Da hörte man plötzlich das Kreischen der Vögel.
Diese kamen sehr schnell auf die Indianer zu. Der große Vogel packte Zisch und
setzte das Mädchen auf einem kleinen Hügel neben dem Bach in sicherer
Entfernung ab. Dabei verlor der Vogel eine noch größere und noch
schönere Feder, als das Mädchen je gesehen hatte, und es hob sie
sorgfältig auf.
Plötzlich hörte man es brausen, tosen und zischen: Der Damm war gebrochen.
Schnell brachten sich die Männer in Sicherheit. Sie rannten auf den Hügel, worauf Zisch
abgesetzt wurde.
Riesige Wassermassen stoben ins Tal auf die Staumauer der Indianer zu;
doch die Stauung der starken Männer hielt stand! Kein Tröpfchen floss noch in
den Dorfbach. Das Dorf wurde dieses Jahr vor der Überschwemmung gerettet.
Den Nachmittag verbrachten die Männer damit, die Stauung aufzuheben
und ihre Zelte wieder aufzubauen.
Danach gab es ein großes Fest im Dorf.
Diesen Abend war Zisch die
Heldin des Tages.
Das Mädchen wurde sodann von Graues Haar auf den neuen
Namen Lange Feder getauft und
durfte ihre neue lange Feder ins Haar stecken.
Alle wollten genau wissen, was in den Felsen alles vorgefallen war
und von nun an wollten alle mit der Langen Feder
spielen.
Zur Erinnerung an dieses nasse Ereignis wird noch heute von den
Indianern jedes Jahr im Dorf die Nacht der Langen Feder am
Alban gefeiert.
Und wer gut aufpasst, kann auch heute noch den einen oder anderen der
großen Vögel entdecken.
Lange Feder (als Kind: Zisch) | als Kind gespielt von Solen, als Lange Feder gespielt von Anaïs |
Häuptling Graues Haar | gespielt von Lukas |
Medizinfrau | gespielt von Christine |
Der Bach Alban | die Albanistr. |
Ein seltsamer Wanderer | gespielt von Philipp |
Die Vögel | gespielt von den übrigen Kindern im Quartier. Diese tanzen wild umher, während die Alten Geschichten erzählen. |